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06.04.2022 die Kehrseite unserer ach so "perfekten" Welt

Um 10 Uhr gings los, Janine und ich haben Mohaka bei ihr zuhause abgeholt. Wir fahren nach De Doorns zu ihrer Schwester und derer Kinder, 147km von uns entfernt. Normalerweise eine Reise von knapp 2 Stunden, wir brauchen lĂ€nger, da mein Mietwagen wirklich nicht sooo eine gute Leistung hat 😉. Bergab rauscht er wie ein grosser, kaum geht’s BergaufwĂ€rts, brauchen wir viel Zuspruch und Geduld 😃. Unterwegs muss Mohaka im Hospital von Worcester noch einige Papiere fĂŒr ihren Sohn besorgen, ich habe nicht verstanden was sie konkret braucht, aber ja, natĂŒrlich fahren wir dahin, erst auf die Gemeinde, da hat sie alles bekommen was sie brauchte, dann ins Krankenhaus. Sie meint, sie geht quickly, eine Stunde spĂ€ter ist sie dann zurĂŒckgekommen 😉. Ja, ja, lacht nur, ich lerne hier viiiiel Geduld 😃😃😃. Ich habe auch nicht gesponnen, wie sie zurĂŒckgekommen ist, ich schwöre 😉.

Dann gingen wir Lebensmittel fĂŒr ihre Familie einkaufen, einfach das Notwendigste. Kartoffeln, Reis, Zucker, Mieliepap (das ist Maismehl, aus dem kochen sie einen Brei, der sehr nahrhaft und gesund sei), etwas Chicken, Waschpulver, usw. Der Einkauf hat knapp 1200 ZAR gekostet, rund €70.

Dann ging es weiter nach De Doorns, logischerweise ausserhalb des Stadtzentrums, wie jedes Township hier. Man möchte das Elend ja nicht jeden Tag vor der Nase sehen. Wir fahren mitten ins Township, ich war und bin es noch immer, entsetzt. Überall liegt MĂŒll, liegen Hunde, spielen Kinder, stehen Erwachsene rum. Aus den einen Shaks dröhnt die Musik, aus anderen schauen alte Menschen raus. Schnell musste ich wieder um Fassung ringen, denn wir standen vor dem Haus ihrer Schwester. Eine herzliche, liebe, Ă€ltere Frau die uns freundlichst willkommen geheissen hat. Sie hat uns Trauben geschenkt. Haben selbst nichts, und geben uns etwas. Ein kurzes Ringen mit mir selbst, dankend ablehnen, in Gedanken daran, dass sie die Trauben selber gut brauchen können? Oder ein dankbares Annehmen, was bringt der lieben Frau mehr? Ich habe mich fĂŒrs Annehmen und Bedanken entschieden, ich wollte sie nicht enttĂ€uschen und vor den Kopf stossen. Sie war sehr dankbar fĂŒr die Lebensmittel, die wir ihr gebracht haben 💓💓💓.

Übrigens ist diese liebevolle, Ă€ltere Dame die Oma von Thandeka, einem der MĂ€dels aus meiner Gruppe.

Ich habe ihr das Foto gezeigt, Gott wie sie sich gefreut hat und stolz war. NatĂŒrlich mussten wir dann auch ein Foto von ihr mit uns machen, damit wir das morgen Thandeka zeigen können. Als wir gingen, sahen wir TrĂ€nen in ihren Augen💓💓💓.

Dann ging es weiter zu ihrer Nichte und ihrem Neffen mit Kleinkind. Vielleicht erinnert ihr euch? Es hat gebrannt bei ihnen und Mohaka ist an einem Samstag zu ihnen gefahren um Kleidung und Matratzen zu bringen. Ich habe damals Fotos im Beitrag gepostet (https://www.lebensgschichten.at/post/13-03-2022). Es herrschen fĂŒrchterliche ZustĂ€nde da. Kaum sind wir ausgestiegen, steigt uns dieser bissige Gestank von Rauch in die Nase. Der ganze Bereich, die ganze Umgebung sieht verwahrlost und verbrannt aus. Im Shak ihrer Nichte stinkt es fĂŒrchterlich nach diesem Rauch. Sie haben wohl dieselben Materialien, die nicht verbrannt sind, genutzt, um das Shak wieder aufzubauen. Aber diesen Geschmack sind sie nicht losgeworden. Es scheint sie nicht weiter zu stören. Sie freuen sich ĂŒber die Lebensmittel und bedanken sich herzlich.

So arm sie auch sind, sie sind immer sehr freundlich, sie lachen oft und scheinbar gerne. Sie heissen uns willkommen, wir dĂŒrfen auch gerne Fotos machen von ihrem Zuhause, Innen wie Aussen, es stört sie nicht. Sie haben wohl keine Vorstellung davon, wie wir uns in solchen Momenten fĂŒhlen. FĂŒr sie ist es normal und einige scheinen auch stolz zu sein auf ihr Shak, was mich sehr freut fĂŒr sie. Wir schĂ€men uns, dass wir daher kommen wie Touristen und ihr zuhause fotografieren.

Überall haben Kinder gespielt. Zur Standard-AusrĂŒstung bei einer Fahrt ins Township gehören SĂŒssigkeiten, die wir glĂŒcklicherweise vorher gekauft haben. Janine verteilt ein paar LolliPops. Die Kinder freuen sich wahnsinnig darĂŒber, jedes nimmt einen und jedes Kind strahlt uns an. Zum Schluss eine Umarmung und die Bitte, kommt wieder 💓💓💓.


Man möchte am liebsten ĂŒberall bleiben und einfach nur helfen, sie in die Arme nehmen, ihnen ein schönes Zuhause geben, den Eltern sagen, dass sie ihre Kinder öfters umarmen sollen statt zu trinken und TV zu schauen, fĂŒr sie kochen, Zeit mit ihnen verbringen.


BeschĂ€mt und nachdenklich treten wir den Heimweg an. Jeder von uns hĂ€ngt seinen Gedanken und Bildern nach. FĂŒr Mohaka ist das alles normal, bald macht sie wieder Scherze und bringt uns zum Lachen.

Mohaka scheint den Tag mit uns sehr genossen zu haben. Wir haben sie verwöhnt, erst gab es Mittagessen, dann der Einkauf fĂŒr ihre Familie und zum Abschluss haben wir sie in Hermanus zum Abendessen eingeladen.


Sie hat den Einkaufswagen recht selbstbewusst gefĂŒllt mit allem was ihre Familie brauchen kann. In einer SelbstverstĂ€ndlichkeit hat sie von allem 2 Rationen genommen da zwei Haushalte zufriedenzustellen sind. Manchmal habe ich sie gebremst, manchmal habe ich mich ehrlich gesagt daran gestört, dass sie, so ganz ohne RĂŒckfragen den Wagen gefĂŒllt hat, so als ob sie selbst zahlen wĂŒrde. Ich habe mich an den Einkauf mit Lollie fĂŒr Andile erinnert. Lollie war da ganz anders. Sie hat immer gefragt, ob das wohl in Ordnung ist, hat ausschliesslich Angebote gewĂ€hlt, sie war so richtig mit uns im Kontakt. Bei Mohaka hat mir das wirklich ein wenig gefehlt. Ich frage mich dann, ob es daran liegt, dass die Not so gross ist und man dann Gelegenheiten einfach nutzt wenn sie geboten werden? Das kann ich ihr dann nicht verĂŒbeln. Dennoch habe ich mich entschieden, mich finanziell bei ihr zurĂŒckzunehmen. Sie konnte ja doch schon recht viel profitieren und es gibt noch einige andere Menschen und Familien, die auch auf Hilfe angewiesen sind. Ist es richtig? Oder falsch? Ehrlich? Ich weiss es nicht. Sie hat ja nicht fĂŒr sich selbst eingekauft, sondern fĂŒr ihre Familie
..

Wenn ihr die Bilder angesehen habt, dann seht ihr selbst, da wird wirklich jedes Kilo Mehl gebraucht
. Wir werden sehen wie die Geschichte weitergeht.

Es ist echt eine Gratwanderung. Wem hilfst du? Wie hilfst du? In welcher Höhe hilfst du? Gehe ich wohl verantwortungsvoll genug um mit den Spendengeldern? Erneut, Fragen ĂŒber Fragen. Glaubt mir, ich gebe mein Bestes und verlasse mich stark auf mein GefĂŒhl, es wird mich richtig leiten. Danke fĂŒr euer Vertrauen 💓💓💓. Wenn ihr mögt, gebt mir bitte gerne ein Feedback in den Kommentaren dazu, ich bin dankbar, wenn ich wieder einmal die Sicht von Aussen bekomme, danke💓.


 
 
 

1 Comment


ingrid
ingrid
Apr 09, 2022

Vorab einmal: du gibst ganz sicher dein Bestes und bist verantwortungsvoll. Ich kann deine Unsicherheit auch verstehen. Ich wĂŒrde es auch bevorzugen, dass bei einem Einkauf - fĂŒr wen auch immer - eine gewisse Absprache herrscht und nicht willkĂŒrlich der Einkaufswagen gefĂŒllt wird. Ich/Wir machen das immer so, dass wir einen Betrag vorgeben (natĂŒrlich plus/minus ein paar Rand) und auch darauf achten, dass wirklich Grundnahrungsmittel (Mehl, Zucker, Tee, Reis, etc,), Hygieneartikeln, Obst und natĂŒrlich immer etwas SĂŒĂŸes im Korb landen. Bisher hat es gut funktioniert und ich meine, dass nicht nur wir sondern auch die EinkĂ€uferin, zufrieden waren. Aber es ist natĂŒrlich immer eine Gratwanderung: man will weder gönnerhaft noch neidisch sein. Schwierig, sehr schwierig!

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